1. DHB-Workshop des Jahres ein voller Erfolg

28. Januar 2015 - 13:51 -- Thorsten Ribbecke

„Leistungsreserve Athletiktraining im Handball" – unter diesem Titel lud der DHB zusammen mit der Trainerakademie Köln am vergangenen Wochenende in die Sportschule Kaiserau ein. 38 Trainer(-innen) nutzten die Gelegenheit, beim Lehrgang neue Impulse zu entdecken. Mitorganisiert von Martin Zawieja (Langhantelathletik) und Thorsten Ribbecke, Athletiktrainer der HSG Wetzlar sowie Referent der Trainerakademie Köln, hatte der Bundeslehrwart des DHB für ein hochkarätiges Referententeam gesorgt. Insbesondere der Transfer von Expertenwissen aus der Forschung und Lehre in die Praxis war der Wunsch der Organisatoren.

Den Auftakt machten Martin Zawieja, Fachmann für Langhanteltraining und mittlerweile im Handball weithin bekannter Experte für die Athletikausbildung sowie der Diplomsportwissenschaftler Thorsten Ribbecke. Die komplexen Anforderungen in der Spielsportart Handball erforderten auch vielfältige Belastungsreize, mahnte Zawieja. Wie nah die Forschung hierbei schon an der Praxis ist, verdeutlichte der Vorschlag Zawiejas und Ribbeckes, statt der tradierten Kategorisierung der konditionellen Fähigkeiten neue Unterscheidungen einzuführen. „Wir halten es für sinnvoll, zwischen Muskelkraft und Muskelleistung zu unterscheiden“, so Zawieja. Aus neuen Erkenntnissen folgen neue Trainingsreize – so demonstrierte der Lehrwart des deutschen Gewichtheber Verbandes Trainingsbeispiele an der Langhantel mit gestoppten Bewegungen im Gegensatz zu fliegenden Lasten. „Extreme Bewegungen fordern perfekte Mobilität und Muskelspannung in großen Bewegungsweiten", so Zawieja, der wie auch Thorsten Ribbecke insbesondere "absolute Qualität im Training" als entscheidenden Erfolgsfaktor ausmachte.

Patrick Luig – Coach im Unterbau des Bergischen HC – referierte als Experte der Berufsgenossenschaft aktuelles Wissen über die Hauptverletzungsbilder im Handball. Eine hohe Verletzungsanzahl im Bereich der HBL Mannschaften – aber eine deutlich geringere Anzahl im Bereich der Amateure im Vergleich zu Fußball, Basketball oder Volleyball hat eine aktuelle Studie aufgezeigt. Luig, derzeit selbst an Studien zur Erforschung von Verletzungsbildern beteiligt, stellte umfassend die Gründe sowie die Folgen von Sportverletzungen vor – und forderte auf der Basis der aktuellen Erkenntnisse ein Umdenken in Trainings und Wettkampf ein. "Diagnostik, Betreuung und vor allem Prävention werden immer wichtiger", so der Sportwissenschaftler. Denn: "Gezieltes Training reduziert Verletzungen", betonte Luig, der als Beispiel auf einen fast fünfzigprozentigen Rückgang an Kreuzbandverletzungen im norwegischen Frauenspitzenhandball hinwies: Dort hatten Experten eine verbesserte Warm-Up Routine entwickelt.

Wie dies in der aktuellen Praxis aussieht, das zeigten in der Folge Thorsten Ribbecke aus seiner Arbeit als Athletiktrainer in Wetzlar, Jan Gorr als Trainer des Zweitligisten HSC Coburg sowie Eric Helm, der Athletikcoach der Füchse Berlin, auf. Gorr untermauerte mit zahlreichen Beispielen und Videosequenzen seine Vorstellungen von Athletiktraining und gestand dabei auch persönlichen Erkenntnisgewinn ein: „Mein Athletiktraining hat sich in den letzten Jahren aufgrund vieler neuer Erfahrungen massiv verändert – und es wird sich auch weiterhin verändern“, so Gorr, der bekräftigte: “Wir Trainer müssen Expertenwissen in unsere Arbeit einfließen lassen und Kooperationen suchen. Und wir müssen uns weiterentwickeln.“

Expertenwissen trug dann auch Eric Helm vor. „Verletzungsrisiken minimieren, Gesunderhaltung und vor allem Individualisierung“, bezeichnete der Athletiktrainer der Füchse Berlin als seine zentrale Philosophie. „Nur in enger Abstimmung mit dem Cheftrainer kann unsere Arbeit erfolgreich sein“, sagte Helm, der auch Spitzenklassenteams im Beachvolleyball betreut: „Im Spitzenhandball ist der Terminplan der wichtigste einschränkende Faktor, deshalb ist jede Minute Athletiktraining wichtig“, sagte Helm, der interessante Einblicke in die Aufbauarbeit von Spielern wie Iker Romero oder Paul Drux offenbarte. 

Aus Sicht der Teilnehmer(innen) war dann auch der Vortrag von Dr. Dirk Lemke ein Highlight. Der Ernährungswissenschaftler führte kompetent durch die neuesten Erkenntnisse dieses, so oft unterschätzten Bereiches. Am Beispiel des akuten Vitamin D Mangels in der deutschen Bevölkerung offenbarte Lemke, welche Folgen solche Defizite haben können. „Mangel an Vitamin D beeinträchtigt massiv die Leistungsfähigkeit – konkret beispielsweise das Ausmaß an Entzündungen im Organismus.“ Auch den immer noch vorhandenen Glaube, nur das Nudelgericht im Vorfeld des Wettkampfes mache den Sportler fit, entkräftete Lemke: „Derzeit ist der Stand der Wissenschaft, das weniger Kohlenhydrate, dafür aber mehr Protein der bessere Weg ist.“ Manchem Teilnehmer wurde fortan deutlich, welche Dimension eine unzureichende oder gar falsche Ernährung haben kann.

Zum Abschluss der Fortbildung konnte der Diplom Psychologe Markus Flemming mit seinem Exkurs über die mentalen und physischen Leistungsfaktoren den Galopp durch die Facetten jenseits des Handballspezifischen Trainings würdig beenden. „Kopf, Herz und Körper müssen zusammenspielen, um eine optimale Leistungsfähigkeit zu erreichen“, sagte der ehemalige Eishockeyprofi. „Athleten, aber auch Trainer, müssen sich die eigenen Stärken bewusst machen, müssen Selbstvertrauen entwickeln und positive Emotionen in den Vordergrund stellen“, so Flemming. „Wir müssen der Sportlern helfen, aus Bedrohungen Herausforderungen zu machen und Zweifel zu Vertrauen zu wandeln“, umriss Flemming.

Die Herausforderung, eine gelungene Weiterbildung anzubieten, konnte denn auch schlussendlich Michael Neuhaus, der Verantwortliche für die Lehre im DHB, als bewältigt einstufen: „Qualität in der Ausbildung ist ganz entscheidend“, bilanzierte der Präsident des Landesverbandes Westfalen, „und hier haben wir alle eine ganz außerordentliche Qualität erlebt. Besonders die Einbindung von Experten mit universitärem Hintergrund hat dieser Veranstaltung Tiefgang verliehen.“

-- Matthias Kornes

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